Tauschten sich freundschaftlich in Hoheneggelsen aus (von links): Oliver Kroll, Reiner Bender, Karl-Heinz Gleitz und Redakteur Marcel Giffey. Foto: Daria-Sue Göhr

Ehemaliger Söhlder Gemeindebürgermeister Reiner Bender zu Besuch beim Gleitz Verlag

19.11.19 | 16 Jahre lenkte er als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde Söhlde, 12 Jahre vertrat er zuvor den Gemeindedirektor und leitete das Ordnungsamt. Zweifelsohne war es überraschend, als Reiner Bender 2014 nicht erneut für den Gemeindevorsitz kandidierte.

Bewusst verabschiedete er sich nicht nur aus der Lokalpolitik, sondern ebenso aus der Öffentlichkeit. Zum 30-jährigen Bestehen des Gleitz Verlags machte er nun jedoch eine Ausnahme – und blickte im Gespräch mit Verleger Karl-Heinz Gleitz und Oliver Kroll auch auf die Zusammenarbeit während seiner Amtszeit zurück.

Kooperation mit großem Vertrauen

Lange Jahre waren sie Weggefährten. Gemeinsame Interessen brachten Reiner Bender und Karl-Heinz Gleitz immer wieder zusammen: „Anfangs begegneten wir uns beim Fußball“, erinnert sich der 60-jährige Verlagsleiter. „Als ich in den 70er Jahren für drei Jahre beim TSV Söhlde spielte, liefen wir uns das erste Mal über den Weg.“ Beruflich trafen sie erstmals bei einer Kreistagssitzung in Söhlde zusammen, wie sich Reiner Bender erinnert: „In Funktion müsste ich dich zum ersten Mal als stellvertretender Pressereferent des Landkreises Hildesheim erlebt haben.“ Beide ahnten sie noch nicht, wie sehr sich ihre Zusammenarbeit später intensivieren sollte.

„Es gab einfach ein großes Vertrauensverhältnis, Reiner war immer zuverlässig und fachmännisch. Das habe ich schon sehr genossen“, lobt Karl-Heinz Gleitz. Und auch persönlich nimmt der zwei Jahre ältere Reiner Bender eine besondere Position in der Biographie des Verlagsgründers ein – „schließlich war er es, der meine Frau und mich 1990 in der Söhlder Patentmühle getraut hat.“

„Jeder hat das Recht, gegen meine Meinung zu argumentieren“

Besonders die Dialogbereitschaft schätzte Karl-Heinz Gleitz am ehemaligen Verwaltungschef: „So, wie ich es fairerweise aber auch für alle anderen Bürgermeister hervorheben muss, mit denen wir zusammenarbeiten.“ Gerade dieser Aspekt sei dem einst jüngsten stellvertretenden Gemeindedirektor Deutschlands auch immer wichtig gewesen: „Die Moderation, die Vermittlung zwischen den Meinungen, habe ich immer als meinen Job empfunden“, so Reiner Bender. Gegolten habe diese Leitlinie auch für die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, denn noch zu Beginn seiner Amtszeit sei das Verhältnis problematisch gewesen.

Zugunsten eines funktionierenden Arbeitsverhältnisses, half ihm sein toleranter Umgang mit anderen Sichten auf die Welt: „Jeder hat das Recht, gegen meine Meinung zu argumentieren. Deshalb ist er in meinen Augen nicht besser oder schlechter.“

Demokraten müssen andere Meinungen akzeptieren

Folgerichtig habe es der ehemalige Gemeindebürgermeister auch nie als Erfolg gesehen, wenn er seinen Willen durchsetzen konnte: „Ich hatte erst dann das Gefühl, meinen Job erfüllt zu haben, wenn ich alle Ratsmitglieder mitziehen und ihre Position berücksichtigen konnte.“

Wie aktuell und notwendig diese Sicht ist, unterstreicht Oliver Kroll: „Das ist ja auch das Wesen der Demokratie. Wir wollen alle Demokraten sein, aber dafür müssen wir eben auch andere Meinungen akzeptieren.“

Mit einem Nicken stimmt Reiner Bender zu. „Natürlich ist es aber auch Aufgabe der Verwaltung zu sagen, was geht und was nicht geht“, räumt der Söhlder ein. „In meinem Beruf habe ich zwar immer versucht, alles so gut zu machen, wie ich es eben konnte. Klar ist aber auch, dass es nicht immer alle gut fanden. Das muss man dann aushalten.“

„Dieses Vorführen im Rat empfand ich als unfair“

Von Anfang an alles zu wissen, sei nicht Reiner Benders Anspruch gewesen: „Wenn ich einen Posten übernahm, habe ich mir nie angemaßt, sofort perfekt darin zu sein.“ Allerdings habe sich der einstige Verwaltungschef informiert und fortgebildet. „Und diese Informationen teilte ich dann mit dem Rat. Denn ganz schlimm fand ich es immer, wenn jemand in der Ratssitzung völlig überrascht wurde, weil es da eine Info gab, die er oder sie nicht kannte.“ Monatlich traf er sich daher zu Gesprächen mit allen Fraktionsvorsitzenden – jeglichem Parteidenken zum Trotz: „Das hat mir meine Partei manchmal auch zum Vorwurf gemacht“, lacht der Sozialdemokrat, „aber dieses Vorführen im Rat empfand ich als unfair.“

 

bender2

1997 besuchte der niedersächsische Ministerpräsident und spätere Bundeskanzler Gerhard Schröder (rechts) die Gemeinde Söhlde. Auf dem Betriebsgelände der Firma Reulecke herrschte großer Andrang. Der zu diesem Zeitpunkt noch stellvertretende Gemeindedirektor Reiner Bender (links) kandidierte damals für das Amt des Bürgermeisters. Auch der ehemalige ehrenamtliche Gemeindebürgermeister Jürgen Pisalski (mitte) war mit von der Partie. Foto: Oliver Kroll

 

Respekt vor dem Ehrenamt

Überhaupt plädiert der heutige Pensionär für einen respektvollen Umgang mit den Ratsmitgliedern: „Das sind Menschen, die tagsüber teils hart arbeiten und sich zusätzlich noch in ihrer Freizeit die Mühe machen, unser Zusammenleben zu verbessern“, so der einstige Gemeindebürgermeister. „Während ich dafür bezahlt wurde, bringen diese Menschen das eigentliche Opfer, indem sie sich ehrenamtlich beispielsweise durch teils schwer verständliche Haushaltspläne wälzen und informieren.“

Karl-Heinz Gleitz weitet diese Sicht aus: „Genau diese Anerkennung des Ehrenamts hat uns auch immer verbunden. Mit den Berichten in unseren Zeitungen wollen wir ja nach wie vor auch Werbung für die Vereine und Verbände machen und das Ehrenamt wertschätzen.“

„Damit die Bürger mitentscheiden können, müssen sie auch informiert werden“

Die Bedeutung des Söhlder Gemeindeblatts „Kehrwieder“ als vielgelesene Plattform für das Ehrenamt war ein Argument, warum Reiner Bender den Gleitz Verlag unterstützt hat: „Ich habe als Gemeindebürgermeister immer aus Kundensicht geschaut und mich gefragt, was bringt mir die Zusammenarbeit. Die Leistung muss zum Preis passen.“

Offiziell reiche es zwar, Bekanntmachungen der Gemeinde am Verwaltungsgebäude auszuhängen: „Aus meiner Sicht ist das aber unfair gegenüber allen, die nicht in der Ortschaft Söhlde wohnen.“ Mit dem Kehrwieder hingegen konnte er alle Haushalte erreichen, sodass sich jeder Gemeindebürger unkompliziert über die Nachrichten aus der Verwaltung informieren konnte: „Ankündigungen über Steuererhöhungen, Ratssitzungen oder den Aufbau der Wahlzettel müssen bei den Leuten ankommen. Damit die Bürger mitentscheiden können, müssen sie informiert werden“, betont Reiner Bender. Dank eines Vertrags stand dem Gemeindebürgermeister das Recht der Veröffentlichung im Gemeindeblatt zu.

Zudem förderte Reiner Bender in seinem Amt auch die Events des Gleitz Verlags: „Natürlich haben wir eure Veranstaltungen unterstützt, denn ich fand es gut, dass hier jemand in der Gemeinde so etwas auf die Beine stellt.“ Nicht nur bereicherten die Events das kulturelle Leben, sondern werteten auch den Ruf der Gemeinde auf. „Das war für mich also eine ganz einfache Entscheidung“, zeigt sich Reiner Bender überzeugt: „Die Gemeinde Söhlde hatte einen Mehrwert vom Gleitz Verlag.“

Familie steht im Mittelpunkt

Nach Jahrzehnten als Gemeindebeamter, lebt Reiner Bender heute als Pensionär in Söhlde. Gemeinsam mit seiner Ehefrau nutzt er die Zeit beispielsweise für Reisen: „Doris ist meine Reiseleiterin“, lacht der 62-Jährige. „Meist beschließen wir ganz spontan loszufahren. Sobald das Verdeck unseres Cabrios unten ist, beginnt für uns schon der Urlaub.“ Vorrang habe jedoch immer die Familie, schließlich sind Doris und Reiner Bender mittlerweile dreifache Großeltern: „Es ist so angenehm, dass sich alle in der Familie gut verstehen.“

Trotz des Rückzugs aus der aktiven Politk, ist der einstige Verwaltungschef nach wie vor ein politischer Mensch. Neben der Bundes- und Landespolitik verfolge er auch weiterhin die Entwicklungen vor Ort: „Aber da halte ich mich bewusst raus. Das Bürgermeisteramt habe ich immer als einen Beruf gesehen, meinen Vertrag habe ich erfüllt. Die Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, bereue ich nicht.“

Marcel Giffey