Comedy-Rüpel Ingo Appelt überzeugt in den ausverkauften Peiner Festsälen
15.02.17 | Zack! Bumm! Passender kann man den Auftritt des Comedians Ingo Appelt kaum zusammen fassen. Kaum steht der Comedian auf der Bühne in den Peiner Festsälen, prasselt ein Pointenhagel nieder.
Das bis auf den letzten Platz besetzte Haus erlebt von Anfang an seine energiegeladene Show unter dem Motto „Besser … ist besser“. Dabei arbeitet er gerne an der Schmerzgrenze, an einer Stelle droht die Stimmung sogar fast zu kippen.
Warten ist ganz offensichtlich nicht sein Ding. Ohne großes Brimborium entert der Entertainer die Bühne. Mit einem Affenzahn beginnt er seine Stand-Up-Comedy mit dem Motto: „Gute Laune ist wie guter Sex – beides kann man nicht erzwingen.“ Aber offensichtlich lässt sich beides beeinflussen. Von Witzen über das aktuelle politische Geschehen wie seinen Scharfschüssen Richtung Sigmar Gabriel – „mit 57 kriegen die meisten ihre dritten Zähne, er sein drittes Kind“ – geht es weiter zu Donald Trump: „Ich hab ein Wiesel auf dem Kopf, ich bin ein Döner“, singt er heiter. Beim Flüchtlingsthema wird es schon brenzliger. „Ein Land, das sechs Millionen Juden vergasen konnte, schafft es nicht, eine Million Flüchtlinge zu verkraften?“ Eine höchst grenzwertige Aussage im Kontext einer Comedy-Show, aber halt typisch Appelt. Wer seine Laufbahn verfolgt hat, weiß: Dieser Mann nimmt ein Blatt höchstens vor den Mund, wenn ein obszönes Wort drauf geschrieben steht. Unter der Gürtellinie, ja, da fühlt er sich wohl, da stochert er mit Vorliebe und feinen Nadeln, manchmal mit dem Nudelholz dort herum, wo es besonders weh tut. Niemand bleibt verschont.
Die Bundeskanzlerin kriegt ihr berühmtes Wir-schaffen-das-Zitat aufgetischt – mit der Frage, ob sie das nicht auch mal zum Katastrophen-Flughafen BER sagen könnte. Am Ende lässt er dann doch ein gutes Haar an Merkel: „Hochgeschlafen hat sie sich jedenfalls nicht.“
Der deutsche Comedypreisträger lockte 700 Besucher in die Peiner Festsäle.
Der Mann als Dienstleister
Am Punkt, an dem man befürchtet, jetzt lässt er sich in Mario-Barthscher Manier am schwachen Geschlecht aus, kommt er zum Hauptthema seines Auftritts. Die Männer, die er fortan nur noch als die neuen Dienstleister der Frau bezeichnet. Wer braucht die denn noch? Früher waren sie die starken Helden, die alles zusammen bauen können. Heute freuen sie sich, wenn sie mal kurz von ihrer Frau den Akkuschrauber übernehmen dürften. Auch im Fernsehen ist die Integration gescheitert. Denn was machen die ach so starken Kerle? „Sie kochen!“ Hirnlos sind sie, die Männer, lachen höchstens über ihre eigenen Rülpse. „Oder haben sie schon mal eine Frau gesehen, die sich lauthals lachend ihren eigenen Furz anzündet?“ Männer bringen nicht mal mehr ihre Frauen zum Lachen. „Warum sind denn sonst so viele Frauen hier in meiner Show?“, ätzt Appelt.
Stilsichere Parodien
Eine weitere Stärke packt er dann nach der Pause aus. Appelt parodiert stilsicher Prominente. Von Udo Lindenberg über Till Schweiger bis hin zu seinem Fernseh-Kollegen Mario Barth, mit dem er Steuersünden aufdeckt: „12 Millionen Euro Steuergeld verschwendet? Dafür muss er ja einen ganzen Tag arbeiten“, zitiert er aus der Show „Mario Barth deckt auf“. Die beste Parodie ist aber die über Herbert Grönemeyer. Endlich kommt dabei der Flügel zum Einsatz. Das Spiel darauf beherrscht Appelt meisterhaft, und wenn er dann die größten Hits Grönemeyers nachsingt, hat er alle Lacher auf seiner Seite. Nur an einem Punkt der Show, da meint man, jetzt könnte die Stimmung kippen. Appelt witzelt über Selbstmord durch Depressionen - und kommt zum tragischen Beispiel des verstorbenen Torwarts Robert Enke. „Weiß der Mann denn nicht, wo er ist?“, fragt man sich. Ein Zuschauer kann nicht an sich halten und ruft in den Saal: „Depression ist eine Krankheit!“ Im Saal ist es nun mucksmäuschenstill. Man sieht, wie Appelt kurz in sich geht, durchatmet, die Situation einschätzt, argumentiert – und weiter macht. Nach einigen weiteren Hieben wechselt er das Thema, und schon hat er die Lage wieder im Griff. Was witzig ist und was nicht, darüber lässt sich streiten. Fest steht – beim Selbstmord von Robert Enke hört der Spaß auf.
„Legen Sie die Waffe auf den Boden!“ Til Schweiger als Tatort-Kommissar? Für Ingo Appelt eine Steilvorlage.
Daumen hoch
Abgesehen von diesem Ausreißer: Appelt hat imposant vorgeführt, dass er unbestritten zu den ganz großen seines Fachs gehört. Die Ursprünge aus dem Kabarett an diesem Abend sind deutlich anzumerken, er mischt das mit Stand-Up-Comedy in fließenden Übergängen: Seine Parodien sind voll auf den Punkt. Das Thema „Männer sind Trottel, aber liebenswert“ setzt er unglaublich witzig um. Denn wer kann besser über sich selber lachen als Männer? Höchstens ihre Begleiterinnen – natürlich auch über die Männer. Denn sie sind einfach witzig. Ingo Appelt ist das beste Beispiel dafür.
Text: Andreas Kreichelt / Fotos: Clemens Heidrich
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