Ein Foto aus den ersten Tagen. Im Oktober 1989 wagte Karl-Heinz Gleitz den Schritt in die Selbständigkeit.

Hoheneggelsener Gleitz Verlag feiert 30-jähriges Jubiläum

19.11.19 | Wieder einmal schloss er nach Feierabend seine Bürotür, doch innerlich endete sein Arbeitstag noch lange nicht.

Viel zu sehr beschäftigte den jungen Landkreis-Mitarbeiter, was er während seines Jobs in der Jugendgerichtshilfe und im Allgemeinen Sozialdienst erlebt hatte – immer wieder.

Erst ein Schicksalsschlag ließ ihn umdenken, aus dem Nichts wagte er den beruflichen Neuanfang. Mit viel Idealismus entschied sich Karl-Heinz Gleitz im Jahr 1989 dazu, sein Hobby zum Beruf zu machen. Nun feiert er mit seinem Verlag 30-jähriges Jubiläum.

„Mein Hobby war die Schreiberei ja schon länger“, blickt der 60-jährige Verlagschef auf die Anfänge zurück. Bereits im Alter von 19 Jahren hatte er als leidenschaftlicher Fußballer damit begonnen, über seinen Heimatverein VfB Oedelum zu berichten – und gründete dafür 1979 den „VfB-Kurier“: „Wir hatten tolle Mannschaften in Oedelum, aber leider gab es darüber kaum eine öffentliche Berichterstattung“, so Karl-Heinz Gleitz über seine Motivation.

Während der VfB-Kurier anfangs nicht mehr als ein Handzettel war, entwickelte sich daraus bald eine Oedelumer Dorfzeitung mit bis zu 16 Seiten: „Auf meiner Schreibmaschine tippte ich die Texte zuhause auf Papier, mit einer Matrize vervielfältigte ich sie“, erinnert sich der Verleger. Über 200 Exemplare seines Herzensprojektes verteilte er wöchentlich an die Haushalte: „Irgendwie wollte ich etwas bewegen, dafür betreute ich die lokalen Vereine sehr intensiv. Und es hat mir ja auch Spaß gemacht.“

Engagierte Pressearbeit für die Region

Hauptberuflich ging Karl-Heinz Gleitz zunächst jedoch einen anderen Weg, in Hildesheim studierte er Sozialpädagogik. Doch seine Freizeit widmete der gebürtige Oedelumer weiterhin der Dorfzeitung – und weckte damit auch das Interesse der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, für die er ab 1986 als freier Journalist arbeitete. „Über Oedelum habe ich mir eh einen Wolf geschrieben, da konnte ich es auch so machen“, lacht der Verleger in seiner sympathischen Art. Verschiedenste Vereine und Verbände lernte er auf diese Weise kennen: „Ob bei Sport- und Schützenvereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr, nicht nur jede Jahreshauptversammlung habe ich von A bis Z mitgemacht.“

 

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Insbesondere die freien Mitarbeiter wie Helmut Schlittenbauer (links), der vor einigen Jahren leider viel zu früh verstorben ist, und Hans-Theo Wiechens haben die Zeitungen durch ihre journalistische Tätigkeit bereichert. Wiechens ist nach wie vor in der Hildesheimer Region mit Kamera und Notizblock unterwegs und berichtet regelmäßig über interessante lokale Themen.

 

„Warum sollte ich mein Hobby nicht zum Beruf machen?“

Nach Abschluss seines Studiums, arbeitete der Sozialpädagoge bei der Jugendgerichtshilfe und im Allgemeinen Sozialdienst des Landkreises Hildesheim. Hinzu kam die Vertretung des Pressereferenten, schließlich hatte sich seine journalistische Erfahrung auch in der Verwaltung herumgesprochen. Eine berufliche Laufbahn im öffentlichen Dienst schien vorgezeichnet, Karl-Heinz Gleitz aber entschied sich dagegen. „Auch nach Feierabend ließen mir die Fälle aus der Jugendgerichtshilfe keine Ruhe“, erinnert sich der Verlagschef, „schließlich erlitt ich einen Hörsturz.“ Das Warnsignal seines Körpers nahm der gerade 30-Jährige ernst, noch im Krankenhausbett kam ihm der Gedanke zu einer beruflichen Neuorientierung: „Warum sollte ich mein Hobby nicht zum Beruf machen?“

Gründung des Gleitz Verlags

Obwohl viele auf den Entschluss mit Verwunderung reagierten, setzte Karl-Heinz Gleitz seine Idee um: Im Oktober 1989 gründete er in Oedelum den Gleitz Verlag und gab zunächst das Söhlder Gemeindeblatt „Kehrwieder“ heraus. „Woher wir diesen Mut nahmen, weiß ich bis heute nicht“, betont Else Pape-Gleitz als Ehefrau des Verlagsgründers. „Meine Grundeinstellung war, wir bekommen das schon irgendwie hin“, ergänzt Karl-Heinz Gleitz.

Verantwortlich für diesen Optimismus sei einerseits der Rückhalt aus der Lokalpolitik über Parteigrenzen hinweg gewesen, beispielsweise von Georg „Schorse“ Wulfes aus Hoheneggelsen.

„Man brauchte einen Anker, einen zuverlässigen Mann – und das war für mich insbesondere der damalige Söhlder Gemeindebürgermeister Jürgen Pisalski“, zeigt sich Karl-Heinz Gleitz noch heute dankbar für die bedingungslose Unterstützung.

Familiärer Rückhalt

Andererseits wäre die Verlagsgründung nicht ohne seine spätere Ehefrau und deren Kinder möglich gewesen: „Dieser Zusammenhalt, diese Familie ist einfach mein ein und alles“, bekennt der 60-Jährige. Nicht nur arbeitete Else Pape-Gleitz die ersten drei Jahre ohne jeglichen Lohn für den Gleitz Verlag, überhaupt schaffte sie erst die Grundvoraussetzungen, wie der Verlagschef erzählt: „Unseren ersten PC wollte ich leasen, da wir kaum Barmittel hatten. Nachdem der Händler das Gerät im Wohnzimmer aufgestellt hatte, forderte er aber entgegen unserer Absprache 4000 DM als Anzahlung.“ Ein Kredit war nötig, für den die Bank jedoch eine Sicherheit einforderte. Aus Liebe bürgte Else Pape-Gleitz mit ihrem Haus: „Und das, obwohl mich mein Vater immer nachdrücklich davor gewarnt hatte“, lacht sie rückblickend.

Aufwendige Zeitungsproduktion

Anfangs im Wohnzimmer, bald in einem umgebauten Kartoffelkeller, schrieb Karl-Heinz Gleitz seine Artikel am PC: „Manchmal arbeitete ich ohne Schlaf zwei Tage lang durch.“ Die Anordnung der Artikel auf dem Zeitungsblatt folgte noch per Hand, auch durch Else Pape-Gleitz: „Jeden einzelnen Bericht aus dem Drucker schnitt ich aus, klebte ihn dann mühselig mit Klebestift auf Montagebögen.“ Nach der Vervielfältigung in einer Druckerei holte sie die schweren Zeitungspakete ab, fügte Beilagenwerbung hinzu und fuhr die Gemeindeblätter in die Dörfer der Region: „Gerade im Winter war das nicht immer einfach.“

13 Gemeindeblätter für die Region

„Finanziell war es anfangs überhaupt nicht lukrativ, aber das Konzept als solches hat sich super durchgesetzt“, so Karl-Heinz Gleitz über die Mischung aus lokaler Berichterstattung und Anzeigen. „Ich merkte, wir müssen wachsen, um davon leben zu können.“

Dementsprechend folgte eine Ausweitung des Geschäftsgebiets in den Landkreisen Hildesheim, Peine und Wolfenbüttel: 1990 kam die Gemeinde Schellerten hinzu, 1992 die Gemeinden Holle und Algermissen. Danach folgten Ilsede, Baddeckenstedt, Lahstedt, Giesen, Hohenhameln, Harsum, Lengede, Diekholzen, Vechelde und schließlich Wendeburg.

Personelle und räumliche Entwicklung

1992 übernahm Oliver Kroll als Student erste Aufträge. Seit seiner Studienzeit, die er 1995 als Diplom-Sozialpädagoge erfolgreich in Hildesheim abschloss, arbeitet der Sohn von Else Pape-Gleitz als fester Mitarbeiter im Familienunternehmen. Gleitz: „Als Technik- und Produktionsleiter sowie Verantwortlicher für unsere einzigartigen Events ist Oliver schon lange unverzichtbar. Wir arbeiten auf Augenhöhe zusammen und legen unsere Strategien stets gemeinsam fest“.

„1994 kam unsere erste feste Mitarbeiterin dazu, die nicht aus der eigenen Familie stammte“, erinnert sich Karl-Heinz Gleitz, „heute beschäftigen wir 17 Festangestellte im Verlag.“ 250 feste Austräger sowie Aushilfen und freie Mitarbeiter ergänzen das Team. Seit Jahren ist der Gleitz Verlag zudem Ausbildungsbetrieb.

Aus dem einstigen Wohnhaus in der Oedelumer Zankenburg zog das Familienunternehmen 2001 in seine heutigen Büroräume an der Hauptstraße 88 in Hoheneggelsen. 2005 eröffnete die Außenstelle auf dem einstigen Ilseder Hüttengelände.

Lokales Engagement aus Überzeugung

„Wenn wir uns für ein Projekt entscheiden, machen wir es aus voller Leidenschaft. Wir möchte die Region bereichern“, unterstreicht Karl-Heinz Gleitz. Vielleicht liegt darin das Erfolgsgeheimnis des Verlags, der sich von Anfang an als Plattform für das Ehrenamt sah. „So sehr uns hochrangige Besuche aus Politik und Kultur wie beispielsweise der Ministerpräsidenten Christian Wulff oder Stephan Weil ehren – letztlich sind es die besonderen Momente mit den Menschen vor Ort, die mich immer wieder motivieren“, so der Verlagschef.

 

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2007 besuchte der damalige niedersächsische Ministerpräsident und spätere Bundespräsident Christian Wulff den Verlag. Begleitet wurde er von den Landtagsabgeordneten Christina Phillips (links) und Ursula Ernst (rechts). Else Pape-Gleitz und Karl-Heinz Gleitz feierten damals die „Volljährigkeit“ des Unternehmens.

 

Dazu gehöre das Engagement als Medienpartner und Sponsor der Bundesliga-Volleyballer Helios GRIZZLYS aus Giesen genauso dazu wie die Partnerschaften bei Veranstaltungen mit Vereinen und Institutionen der Region.

Dank für jahrzehntelange Treue

„Natürlich gab es auch mal Rückschläge, aber wir sind über die Jahre immer professioneller geworden“, bilanziert der Verlagschef selbstkritisch. „Und wir sind äußerst dankbar für unser tolles Team, das in den Bereichen Technik und Design, Redaktion und Textverarbeitung, Anzeigenverkauf, Vertrieb und Verwaltung eine tolle Arbeit leistet.“

Rund 70.000 Gemeindezeitungen erreichen regelmäßig über 130.000 Leser. „All‘ das wäre nicht möglich, wenn wir uns nicht auf die vielen Ehrenamtlichen verlassen könnten, die uns regelmäßig mit Informationen aus ihren Vereinen und Verbänden versorgen“, beginnt Karl-Heinz Gleitz. Doch nicht nur ihnen gilt sein aufrichtiger Dank für ihre Treue: „Neben den Rathäusern, die unsere Zeitungen als offizielle Mitteilungs- und Informationsorgane nutzen, ermöglichen es vor allem die Anzeigenkunden, dass wir unsere Gemeindeblätter nach wie vor kostenfrei herausgeben können.“

„Unser regionales Angebot hat Zukunft“

Wie bereits vor 30 Jahren, gehört realistischer Optimismus nach wie vor untrennbar zum Gleitz Verlag. Dementsprechend fällt der Blick in die Zukunft aus: „Mit kreativen Ideen und technischer Professionalität auf Höhe der Zeit werden wir alles daran setzen, dass unsere Gemeindezeitungen weiterhin auf eine große Resonanz in unserer treuen Leserschaft treffen. Unser regionales Angebot hat Zukunft, da sind wir uns ganz sicher“, meint Oliver Kroll.

Marcel Giffey

 

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Mit großem Erfolg ist der Verlag seit über 20 Jahren auch Veranstalter von kulturellen und sportlichen Events. Im Februar gastierte Kultjournalist Arnd Zeigler mit seiner Erfolgsshow „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ im Hildesheimer Audimax. Im nächsten Jahr kommen die Comedians Konrad Stöckel (1. Februar) und Ingo Appelt (11. März).                                                       

Fotos: Oliver Kroll, Clemens Heidrich, Helmut Schlittenbauer